Israel reloaded

Die israelische Regierung will die Palästinenser aus dem Gazastreifen vertreiben. Man könnte die Sache auch andersherum sehen und stattdessen erwägen, Israel zu verlegen.

Radikale Israelis fordern es schon lange, mittlerweile sprechen sich auch Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und US-Präsident Donald Trump für eine Umsiedelung der Palästinenser und dauerhafte Besetzung des Gazastreifens durch Israel aus. Doch was wäre, wenn man den Gedanken umdreht und Israel verlagern würde? Nach vielen Jahrzehnten an Konflikten, Kriegen und unzähligen Toten könnte darin ein alternativer Ansatz für Frieden liegen. Und vielleicht auch eine Lösung für den russisch-ukrainischen Krieg.

Als US-Präsident Donald Trump im Februar 2025 die Idee von der „Riviera des Nahen Ostens“ in die Welt setzte, meinte er damit den Wiederaufbau des Gazastreifens – aber ohne die Palästinenser. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu findet Gefallen an diesem Plan und fordert seitdem immer wieder eine zwangsweise Umsiedlung der Palästinenser sowie dauerhafte Besetzung des Gazastreifens. Damit ist er nicht weit weg von den Aussagen einiger rechtsextremer Regierungsmitglieder, die schon lange eine Vertreibung der Palästinenser verlangen.

Nun, Gedanken sind bekanntlich frei, selbst wenn sie das Existenzrecht einer ganzen Bevölkerungsgruppe infrage stellen. Dieser Freiheit der Gedanken folgend könnte man die Überlegungen Netanjahus, Trumps und der israelischen Rechtsextremen aber auch umdrehen und erwägen, anstelle der Palästinenser den Staat Israel umzusiedeln.

Dieser Gedanke mag absurd und ungeheuerlich erscheinen. Ein solches Vorhaben würde mit großer Wahrscheinlichkeit einen Sturm des Protestes auslösen. Tatsächlich aber könnte eine Umsiedelung Israels, die sich über Jahrzehnte erstrecken würde, Ruhe in einen nahezu ewigen Konflikt bringen.  

Um es klarzustellen: Diese Überlegungen stellen nicht das Existenzrecht Israels infrage. Sie werfen aber die Frage auf, ob Israel am aktuellen Ort zwischen Libanon, Syrien, Jordanien und Ägypten, gut angesiedelt ist? Immerhin gibt es seit der Gründung des jüdischen Staates im Jahr 1948 immer wieder Kriege und Vertreibungen mit unzähligen Toten und unermesslichem Leid. Ein dauerhafter Frieden scheint heute weniger möglich als je zuvor. Mittlerweile kämpft Israel gar an mehreren Fronten – in wilder Zerstörungswut in Gaza, im Jemen, in Syrien und im Iran. Offensichtlich sieht sich die israelische Regierung von Feinden umgeben. Selbst mit den Vereinten Nationen (UN), die 1947 immerhin den Weg zur Gründung Israel ebneten, ist das Verhältnis seit Längerem zerrüttet.    

Gründung Israels machte Palästinenser zu Vertriebenen

Zwar ist das Gebiet von Palästina und dem heutigen Israel nicht erst seit dem Teilungsplan der UN Schauplatz von Auseinandersetzungen und Kämpfen. Muslime, Christen und Juden lieferten sich zuvor immer wieder Auseinandersetzungen, vier Jahrhunderte befand sich die Region unter osmanischer Kontrolle. Doch erst, nachdem britische Truppen im Ersten Weltkrieg das mehrheitlich von Arabern besiedelte Palästina eroberten und in der Folge der Zuzug von Juden, bedingt vor allem durch deren Verfolgung im Zweiten Weltkrieg, zunahm, verschärften sich die Auseinandersetzungen zwischen Teilen der jüdischen und der arabischen Bevölkerung.

Es war der 29. November 1947, als die UN-Generalversammlung der Empfehlung einer Kommission folgte, Palästina in einen arabischen und einen jüdischen Staat zu teilen und Jerusalem unter internationale Verwaltung zu stellen. Die Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg schreibt dazu: „33 Staaten stimmten für die UN-Resolution, 13 votierten dagegen, darunter die sechs arabischen Mitgliedstaaten, zehn enthielten sich der Stimme. Die arabische Bevölkerung Palästinas lehnte den Teilungsplan ab, ebenso wie die anderen arabischen Staaten.“ Sie kritisierten, dass der Staat Israel „zulasten der arabischen Bewohner Palästinas verwirklicht werden und somit neues Unrecht begangen werden sollte. Ihrer Meinung nach hätten die Vereinten Nationen auch nicht das Recht, über Palästinas Zukunft gegen den Willen und auf Kosten der dort lebenden arabischen Mehrheit zu entscheiden.“ Die arabische Seite lehnte zudem eine Zwei-Staaten-Lösung und damit die Gründung eines palästinensischen Staates ab.

Am 14. Mai 1948, als die letzten britischen Truppen Palästina verließen, rief der Vorsitzende des Jüdischen Exekutivrats in Palästina, David Ben-Gurion, in Tel Aviv den Staat Israel aus. Es war zugleich der Beginn einer jahrzehntelangen Serie von Auseinandersetzungen und Gewalt. Noch im selben Jahr begann der erste arabisch-israelische Krieg, in dem viele Palästinenser ihre angestammte Heimat verloren. Schätzungsweise 700.000 Menschen flohen 1948/1949 aus dem heutigen Israel oder wurden vertrieben – ein Ereignis, dem die Palästinenser unter dem Begriff Nakba alljährlich gedenken.

Alle Konflikte, Kriege, Auseinandersetzungen zwischen Juden und Palästinensern der vergangenen 67 Jahre gehen im Grunde auf diese Gründungsgeschichte Israels zurück. Auf eine Staatsgründung, bei der der Wille jener Menschen, die mehrheitlich dieses Land wohnten, übergangen worden ist und die in der Folge zu Besetzten, Unterdrückten und Vertriebenen wurden. Erstaunt es, wenn daraus Wut und Hass entstehen?

Umsiedlung über 30 Jahre

Würde man nun die Ursache aller Nahost-Konflikte der vergangenen Jahrzehnte beseitigen und ein neues Siedlungsgebiet für Israel finden, sollte oder könnte das auch allen weiteren Auseinandersetzungen in der Region den Nährboden entziehen.

Doch wohin könnte Israel verlegt werden, wie und über welche Zeit sollte dieser Prozess ablaufen? Sinnvoll wäre die Umsiedlung des kleinen Staates in ein Land, welches über viel Platz verfügt und kulturell an der israelisch-jüdischen Mentalität näher dran ist als die arabische. Man könnte an die USA denken, die ohnehin ein enges Verhältnis zu Israel pflegen. Mit seiner Fläche von rund 22.000 Quadratkilometern würde Israel nicht einmal ein Dreißigstel von Texas beanspruchen. Erwägenswert wären aber auch Staaten wie Brasilien, Argentinien oder Russland, eventuell auch Kasachstan, Mexiko oder Kanada. Für Jerusalem, als wichtiges geistiges und religiöses Zentrum für Araber wie auch Juden, müsste sicherlich weiterhin ein Sonderstatus definiert werden.

Der Verlagerungsprozess selbst könnte beginnen, sobald Einigkeit über das neue Staatsgebiet gefunden worden ist. Ab dann sollte es möglich sein, über einen Zeitraum von beispielsweise 30 Jahren die Umsiedlung zu vollenden und im Anschluss das heutige Staatsgebiet Israel an die Palästinenser beziehungsweise Araber zu übergeben – ähnlich wie Hongkong 1997 vom Vereinigten Königreich an China übergeben worden ist. 30 Jahre sollten genug Zeit sein, neue Siedlungen und die Infrastruktur von Israel 2.0 aufzubauen. Die Menschen hätten damit zudem ausreichend Zeit, ihren Umzug zu planen und zu vollziehen. Es sollte aber auch gelten: Wer nicht umsiedeln möchte, kann bleiben, muss sich aber darauf einstellen, ab einem Stichtag in einem dann voraussichtlich palästinensisch-arabisch regierten Land zu leben.

Israel 2.0 – zwischen Ukraine und Russland?

Man könnte den Gedankenspielen ein – zugegebenermaßen gewagtes – hinzufügen: Das neue Israel findet seine neue Heimstatt auf Gebieten der heute umkämpften Ostukraine, idealerweise gepaart mit Anteilen von russischen Gebiet. Das mag abwegig und absurd klingen, könnte aber mehrere positive Effekte nach sich ziehen: Die Ansiedelung würde eine Beendigung der Kämpfe zwischen Russland und der Ukraine begünstigen. Beide Staaten hätten damit nach innen, zu ihren eigenen Bürgern, ein starkes Argument, die Auseinandersetzungen einzustellen. Zudem müsste vor der Staatsgründung von Israel 2.0 ein umfassender Friedensvertrag zwischen Russland und der Ukraine ausgehandelt werden – ebenso ein Vertrag, der die neue staatliche Souveränität und Unangreifbarkeit Israels regelt. Ein starker jüdischer Staat am Übergang zwischen Russland und der Ukraine könnte zudem ein Sicherheitsgarant für die Zukunft sein. So militärisch mächtig, wie sich Israel vor allem aktuell zeigt, dürften es weder Russland noch die Ukraine wagen, sich mit den neuen Nachbarn anzulegen. Das Ziel sollten vielmehr freundschaftliche und wirtschaftlich sowie kulturell enge Beziehungen sein, die sowohl für die Ukraine wie auch für Russland von großem Vorteil wären.  

Zweifel, Fragen, Herausforderungen

Natürlich ist es eine verwegene Idee, einen ganzen Staat umzusiedeln. Und überhaupt, wieso gerade Israel, das den Juden nach ihren traumatischen Erfahrungen im Zweiten Weltkrieg eine Heimat bietet? Man könnte darauf antworten: Benjamin Netanjahu hat mit den Palästinensern nichts anderes vor. Im Übrigen ist die Menschheitsgeschichte voll von Auseinandersetzungen, bei denen Grenzen verschoben, Millionen Menschen vertrieben und Staaten ausgelöscht worden sind. Nicht zuletzt ist das heutige Israel selbst das Ergebnis einer Neugründung auf fremdem Terrain, durchgesetzt gegen den Willen der Menschen, die mehrheitlich dort lebten.

Man könnte weiter fragen, warum die Israelis – und insbesondere Ultraorthodoxe und Radikale – einem solchen Plan zustimmen sollten? Warum sollten die Ukrainer, die in den von Russland besetzten Gebieten leben, zustimmen? Warum die ukrainische Regierung, die damit final der Abtretung von Gebieten zustimmen würde? Welchen Grund könnte Moskau haben, grünes Licht für solch einen Plan zu geben, der das Ende weiterer territorialer Ansprüche bedeuten würde? Warum sollte Moskau noch weiter gehen und eigenes Territorium an einen neuen Staat Israel abtreten? Und wieso sollte der große Israelfreund USA einem derartigen Megaprojekt zustimmen, verbunden mit allen Mühen und Unwägbarkeiten, die es mit sich bringen würde?

Nun, die Antwort in all diesen Fällen könnte lauten: Weil damit eine neue und auch neuartige Chance besteht, Frieden, Sicherheit und klare Verhältnisse zu schaffen – im Nahen Osten wie auch in der Ostukraine. Auch wenn es Gruppen geben wird, die mit der territorialen Verschiebung des jüdischen Staates nicht einverstanden sind, könnten die Israelis doch endlich durchatmen und müssten nicht mehr in dauernder Alarmbereitschaft sein wegen all der Feinde um sie herum. Auch für die Menschen, deren Gebiete dem neuen Israel zugeschlagen werden, böte sich eine Chance auf anhaltenden Frieden in einem Staatsgebilde, welches – so die Voraussetzung – ihre Rechte, Kultur und Sprache achtet. Auch das übrige ukrainische Volk käme nach beinahe drei Jahren Krieg ebenfalls endlich zur Ruhe und hätte die Chance, wieder nach vorne zu schauen. Moskau wiederum könnte gesichtswahrend einen lästigen und langatmigen Konflikt beenden, der sich jederzeit auch zu einer Gefahr für die Machthaber im Kreml entwickeln könnte.

Bleibt noch die Frage, wer diesen riesigen Umzug und den jahrzehntelangen Aufbau einer neuen staatlichen Infrastruktur eigentlich bezahlen soll? Es wäre wohl eine Aufgabe für die Weltgemeinschaft, die sich vor Augen halten sollte, dass die Errichtung eines neuen Staates Israel in Frieden langfristig billiger sein dürfte als weitere Jahrzehnte an Krieg, Zerstörung und Vertreibung.

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Eine kleine Bahnreise

Auch eine kurze Bahnreise kann sehr erhellend sein. Sie zeigt vor allem, dass die Deutsche Bahn beziehungsweise ihre privaten Pendants – in diesem Fall die zum Transdev-Konzern gehörende Bayerische Oberlandbahn – nicht nur bei Pünktlichkeit und Funktionalität deutliche Schwächen haben, sondern auch in der Kommunikation. Dabei wäre es doch ganz einfach: Die Bahn-Verantwortlichen müssten einfach mal aus der Perspektive des Kunden denken, ein paar flexible Kommunikatoren einstellen und vielleicht etwas in ihre IT investieren. Doch im Detail:

Die Reise soll vom oberbayerischen Piding ins etwa 100 Kilometer entfernte Grafing bei München führen. Eingeplant ist ein etwa zweistündiger Stopp in Traunstein.

Bahn-App leitet in die Irre

Die Bahn-App spuckt allerdings nicht den direkten Weg über Freilassing aus, sondern will die Kunden mit dem Bus in einem weiten Bogen über Bad Reichenhall  und Inzell nach Traunstein schicken, ehe es mit dem Zug weiter Richtung München gehen soll. Alternativ schickt einen die App über Freilassing und Mühldorf nach Grafing. Beide Varianten sind deutlich länger als die Hauptstrecke. Das ist seltsam, denn nirgendwo ist eine Störung auf der Strecke Freilassing – Traunstein angegeben – nicht in der Bahn-App, wie auch sonst im WWW nicht.

Aber gut, dann fahren wir eben über Mühldorf. Der Aufenthalt in Traunstein muss dann halt ausfallen. Der Zug BRB S4 mit Abfahrt in Piding um 11:05 Uhr hat laut Ansage fünf Minuten Verspätung. Das ist nicht allzu viel, allerdings fragt man sich, wie es die Bahn schafft, auf dieser Strecke eine Verspätung aufzubauen. Denn der Startpunkt der BRB S4 ist Berchtesgaden, gerade einmal rund 20 Kilometer entfernt. Wenn 20 Kilometer gleich fünf Minuten Verspätung sind, dann wären 100 Kilometer… Okay, das ist vielleicht ein bisschen böse gedacht.

In der BRB S4 sollte man keinen Blasendruck haben, denn die Toilette ist außer Betrieb. Außerdem baut der Zug beim nächsten Halt noch etwas mehr Verspätung auf, da er auf einen Gegenzug warten muss. Der Umstieg in Freilassing in den Zug nach Mühldorf könnte damit spannend werden. Die Zugbegleiterin macht eine Durchsage: Ob und wie Anschlüsse in Freilassing erreicht werden, kann sie leider nicht sagen, da ihr dazu keine Informationen vorliegen. In der Tat wäre es zu viel verlangt, dass die Bahn weiß, wo und wann sich ihre Züge befinden oder ob diese irgendwo auf einen Anschlusszug warten werden. Kommunikation ist schließlich eine komplexe Sache.

Toilette defekt, keine Infos zum Anschluss

Freilassing. Die Bahnhofsdurchsage teilt mit, dass neben dem Zug nach Mühldorf auch der Meridian nach München über Traunstein und Rosenheim noch erreicht werde. Wie? Jetzt doch? Laut Bahn-App fährt dieser Zug doch gar nicht. Das ist mal eine unerwartete, immerhin positive Überraschung. Also sehr kurzfristig den Reiseplan umwerfen – doch Traunstein statt Mühldorf. Allerdings wird der Meridian auch nur deshalb erreicht, weil Grenzschutzbeamte eine Kontrolle der aus Salzburg gekommenen Fahrgäste vorgenommen haben und der Zug daher rund zehn Minuten warten musste.

Die etwa 15-minütige Fahrt nach Traunstein verläuft ereignislos. Erwähnenswert wäre lediglich, dass die Toilette defekt ist.

Nach rund zwei Stunden Aufenthalt in Traunstein beschließen wir, einen Meridian um 13:44 Uhr in Richtung Rosenheim und München zu nehmen. So zumindest die gedruckte Fahrplanauskunft am Bahnhof Traunstein. Die Bahn-App will uns hingegen wieder auf einem Umweg über Mühldorf und Wasserburg leiten. Mittlerweile haben wir aber gelernt, dass man die Informationen der App in die Tonne treten kann. Was zählt, ist die Realität. Und die lautet: es gibt einen Meridian auf der direkten Strecke, wenngleich dieser ohne Ankündigung zehn Minuten verspätet einfährt. Nein, natürlich braucht man die Fahrgäste darüber nicht informieren. Die stehen ohnehin am Bahnsteig und warten. Übrigens, die Toilette funktioniert!

Umsteigen in Rosenheim in einen anderen Meridian, der auch in Grafing Bahnhof hält. Eine junge Frau würde gerne die Bordtoilette benutzen. Eine Stimme sagt ihr, dass diese derzeit besetzt sei. Die Frau wartet. Sie hat das Schild nicht gesehen: Toilettentür defekt. Zwei unterschiedliche Auskünfte zum Thema Toilette passen zur Bahn – man darf sich eine aussuchen.

Kommunikativ in der Steinzeit

Mal unabhängig davon, dass es die Deutsche Bahn oder in diesem Fall die Bayerische Oberlandbahn beziehungsweise Transdev immer wieder mit technischen Defekten oder Arbeiten am Streckennetz zu tun haben, die zu Verzögerungen führen: wieso schaffen es diese Unternehmen nicht, ihre Fahrgäste wenigstens korrekt und rechtzeitig über Änderungen im Ablauf zu informieren, sei es am Bahnhof, im fahrenden Zug oder in der digitalen Welt? Kommunikativ leben die deutschen Bahngesellschaften offensichtlich noch im Vorgestern.

Übrigens, wie heißt es auf der Webseite von Transdev: „Fahrgäste erwarten nicht nur pünktliche und regelmäßige Bahnverbindungen. Modern ausgestattete Fahrzeuge und einen guten Service (sic) gehören dazu. … Bei Transdev stehen deshalb ein attraktives Bahnangebot und die Nähe zum Fahrgast im Mittelpunkt.“

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Verlierer-Aktien: Curevac (Folge 5)

Die Tübinger Biotechfirma Curevac war zu Hoch-Zeiten der Coronapandemie ein Hoffnungsträger, nicht nur der Menschheit, sondern auch der Anleger. Das Management hatte in erwartungsreichen Ankündigungen einiges dazu beigetragen, dass ab Anfang 2020 plötzlich viele Menschen den Namen dieses bis dato nahezu unbekannten Unternehmens kannten. Die Verantwortlichen preisten die über 20 Jahre währende Expertise in der mRNA-Technologie. Sie stellten die mutmaßlichen Qualitäten des eigenen Corona-Impfstoffkandidaten heraus, der auf dem Ansatz chemisch nicht modifizierter mRNA basierte. Und sie wiesen auf die Schnelligkeit hin, mit der Curevac diese Aktivitäten vorantrieb.

Übrig geblieben ist davon wenig bis nichts. Ende Juni 2021 musste das Management eingestehen, dass Curevacs mRNA-Impfstoffkandidat eine deutlich geringere Wirksamkeit aufwies als die mRNA-Vakzine der Wettbewerber Biontech und Moderna. Offensichtlich zeigte der gewählte technologische Ansatz trotz aller langjährigen Expertise nicht das erhoffte Ergebnis. Zwar glaubte der Vorstandschef anfangs noch, er könne das Projekt trotz der ernüchternden Daten retten. Doch die Fakten setzten der Fantasie Grenzen: ein Produkt mit minderer Qualität lässt sich nun mal nicht verkaufen.

Der Aktienkurs – ein Desaster

Curevac ist ein gutes Beispiel dafür, wie mit positiv klingenden Ankündigungen Aufmerksamkeit generiert und Aktienkurse getrieben werden können. Für 16 US-Dollar wurden die Papiere im August 2020 an die Börse gebracht, der erste Kurs an der Technologiebörse Nasdaq lag bei 44 US-Dollar und erreichte noch am ersten Handelstag 50 US-Dollar. In der Folge trieb die Fantasie das Papier in der Spitze bis auf 125 US-Dollar. Der deutsche Staat und die EU steckten hunderte von Millionen Euro in die Firma. Der ehemalige Vorstandschef wurde zu Donald Trump ins Weiße Haus eingeladen, Elon Musk kam zu Besuch. Curevac schien auf einem guten Weg.

Nur: Fantasie und Erwartungen machen noch kein Produkt. Mit der Einstellung des mRNA-Impfstoffes und nach der Versenkung von mehreren hundert Millionen Euro für Entwicklung und klinische Studien brach auch der Aktienkurs von Curevac in sich zusammen. Heute notiert das Papier bei etwa 14 Dollar und liegt damit weit unter seiner Erstnotiz und meilenweit von seinen einstigen Höchstständen entfernt. Kurz: Der Aktienkurs ist ein einziges Desaster und spricht Bände über das, was alles schief gelaufen ist.

22 Jahre und kein Produkt

Dabei hätte ein Blick auf die Firmenhistorie zeigen können, dass Curevac schon in der Vergangenheit nicht viel gelungen war. Gegründet im Jahr 2000 hatte es das Unternehmen in zwei Jahrzehnten nicht geschafft, ein relevantes Produkt auf den Markt zu bringen. 2017 musste die Firma gar das Scheitern eines mRNA-basierten Mittels gegen Prostatakrebs eingestehen.

Doch Curevac scheint eine Art Stehaufmännchen zu sein. Trotz der bisherigen Fehlschläge versucht das Management nun, im Jahr 22 nach der Unternehmensgründung, die Welt und die Investoren mit neuen Plänen für sich zu gewinnen: zusammen mit dem Pharmakonzern GSK arbeitet Curevac an einem neuen, angeblich verbesserten mRNA-basierten Covid-19-Impfstoffprojekt. Allerdings zeigt sich bei näherem Hinsehen, dass dieser Kandidat von einem potenziellen Markteintritt noch ein gutes Stück entfernt ist. Die vorliegenden Daten wurden im Tiermodell gewonnen; erste Tests am Menschen haben gerade erst begonnen.

Andere Produktkandidaten, die sich nahe der Marktreife befinden könnten, sucht man bei Curevac ebenfalls vergeblich. Die Pipeline weist überwiegend Projekte in der präklinischen Phase auf; jenseits der Phase 1 findet sich nichts. Wobei, das stimmt nicht ganz: tatsächlich weist die Pipeline ein Projekt mit vollendeter Phase 3 auf – den gescheiterten Covid-19-Impfstoffkandidaten CVnCoV.

War Dietmar Hopp gut beraten?

Immerhin, das Selbstbewusstsein der Tübinger scheint zu stimmen. Auf seiner Webseite bezeichnet sich Curevac als „weltweit führendes biopharmazeutisches Unternehmen“. Das kann man Chuzpe nennen. Man könnte es auch als Selbsttäuschung betrachten.

In dem Zusammenhang könnte man mehrere Fragen stellen: Wie schafft man es als Unternehmen, mehr als zwei Jahrzehnte lang zu existieren, ohne ein Produkt auf den Markt gebracht und ohne jemals nennenswert Umsatz geschweige denn Gewinn erwirtschaftet zu haben?

Wie schafft man es bei diesem Track Record, hunderte von Millionen Euro einzusammeln und es zeitweise auf eine Marktkapitalisierung im zweistelligen Milliardenbereich zu bringen?

Man könnte auch fragen, ob der Großaktionär Dietmar Hopp, der Curevac viele Jahre mit seinem Investment am Leben gehalten hat, wirklich gut beraten war?

Schließlich könnte man einwerfen, ob Curevac ein gut gemanagtes Unternehmen war und ist? Der Vorstandschef, der beim Misserfolg des ersten Kandidaten an der Unternehmensspitze stand, will es nun jedenfalls mit einem anderen Covid-19-Impfstoff erneut versuchen. Man könnte an dieser Stelle fragen, ob der dann überhaupt noch gebraucht wird – aber das würde zu weit führen.

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Putin stoppen – nur wie?

In der Schule gab es die bösen Jungs, die den anderen Schülern während des Unterrichts von der hinteren Reihe aus mit den Fingern an die Ohren schnalzten und darauf setzten, dass trotz des Schmerzes niemand gegen sie aufbegehrt. Möglicherweise gehörte Wladimir Putin auch zu diesen Jungs.

Viele sagen, der russische Präsident verstehe nur die Sprache der Stärke. Lässt man ihn gewähren, fasst er dies als Einladung zum Weitermachen auf und reizt die Schmerzgrenze immer weiter aus. Er könne nur gestoppt werden, indem man ihm mit Entschlossenheit und Stärke entgegentritt und ihn sowie seine Vasallen klar in ihre Grenzen weist. Leute wie Putin, so ein häufig geäußerte Ansicht, müssten erfahren, dass ihr ungezügeltes Treiben und Morden heftige Gegenwehr erzeugt, die auch ihnen Schmerzen verursacht. Wahrscheinlich ist das so, und wahrscheinlich ist dies auch die einzige Lösung, den Kremlherrscher und seine Untertanen zur Räson zu bringen.

Diese Sichtweise hat allerdings einen Haken. Eine weitere Annahme über Putins Wesen ist nämlich auch, dass er nicht verlieren kann und will. Das ist ein Problem, denn wie reagieren die bösen Schulbuben, wenn sich ihnen im Unterricht doch ein Schüler jemand widersetzt und den Lehrer als obere Instanz zur Hilfe holt? Sie warten nach der Schule hinter dem nächsten Baum und verprügeln den Aufmüpfigen erst recht.

Möglich, dass dieses Verhalten auch Putin zueigen ist. Kriegt er nicht, was er will – wobei ja nicht mal wirklich klar ist, was er mit seinem Ukraine-Feldzug eigentlich will – könnte es sein, dass er erst recht unberechenbar reagiert und zur ganz großen Keule greift. Das mögen chemische Waffen sein. Das könnte aber auch der Einsatz von Atombomben sein. Nach dem Motto: Ich habe nichts zu verlieren, also hinterlasse ich völlig verbrannte Erde.

Die Psyche Putins ist ein entscheidendes Kriterium bei der Frage, welchen Verlauf dieser Krieg nimmt. Nach allem, was wir wissen und sehen, reagiert er gekränkt und verletzt, wenn er seine Ziele nicht erreicht. Das bringt die Ukraine wie auch den Westen in die Bredouille: Denn zum einen müssen und wollen sie sich mit aller Härte Putins Armeen in den Weg stellen und sie wieder hinter die ukrainischen Grenzen zurückdrängen. Soll aber die ganz große Katastrophe vermieden werden, müssen sie darauf achten, Putin nicht zu sehr in die Enge zu treiben. Denn Putin braucht einen Sieg, er muss für sich und Russland einen Gewinn davon tragen. Er muss den Seinen sagen können: Seht her, das habe ich für euch erreicht. Nur so kann er diesen Waffengang rechtfertigen und sein Gesicht wahren.

Möglicherweise wird der Krieg nicht zu beenden sein, ohne dass die Ukraine Putin etwas anbietet. Kiew muss ihm einen Knochen hinwerfen, damit er sich zufrieden davontrollen kann. Es könnte beispielsweise darauf hinauslaufen, dass die Regionen Luhansk und Donezk als unabhängige Gebiete mit eigener Autonomie und Verwaltung anerkannt werden. Vielleicht muss sich die Ukraine auch dazu bekennen, auf lange Sicht oder dauerhaft von Nato-Ambitionen Abstand zu nehmen.

Wie auch immer die Lösung für einen Frieden aussieht – sie wird für die Ukraine wie auch den Westen nicht für umsonst zu haben sein. Denn Putin muss ruhiggestellt werden.

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Ukraine-Krieg: Es läuft in die falsche Richtung

27.4.2022, mehr als zwei Monate dauert der Krieg Russlands gegen die Ukraine nun schon an. Wirft man einen Blick auf die Gesamt-Gemengelage, zeichnet sich ein düsteres Bild. In Summe dreht sich die Eskalationsspirale weiter nach oben. Das mag beim Blick auf einzelne Ereignisse nicht zu erkennen sein, doch addiert man die jüngsten Maßnahmen und Entwicklungen, wird deutlich: die Lage wird jeden Tag gefährlicher.

Nicht nur die Ankündigung eines ranghohen russischen Militärs, dass nicht nur die Ostukraine, sondern auch die Südukraine Ziel der russischen „Sonderoperation“ sei, war qualitativ ein neuer Schritt. Nun könnte Moskau auch seine Truppen in der okkupierten moldawischen Region Transnistrien aktivieren und von dort aus Richtung Odessa marschieren. Mehr noch: Ganz Moldau könnte das Objekt russischer Begierde werden. Die Region läge für Moskau quasi am Wegesrand und wäre nichts als eine schnelle Zwischenmahlzeit. Niemand würde Gegenwehr leisten – die Moldawier wären dazu nicht in der Lage, und der Westen würde auch hier, wie im Falle der Ukraine, keine direkte Konfrontation mit Moskau riskieren.

Derweil schwadroniert der russische Außenminister Lawrow vor laufender Kamera von der Möglichkeit eines dritten Weltkriegs, und russische Gaskonzerne stellen die Lieferung nach Polen und Bulgarien ein. Die vermeintliche Gewissheit, dass Russland selbst in schwierigsten Krisenzeiten die Gasversorgung des Westens aufrecht erhält, gilt damit nicht mehr. Eine vermeintliche Konstante nach der anderen bricht in diesen Tagen weg.

Nebenbei bombardiert Russland zunehmend ukrainische Eisenbahnstrecken, vor allem, um die Lieferung westlicher Militärgüter in das Land zu behindern. Putin selbst lügt derweil UNO-Generalsekretär Antonio Guterres vor der Kamera frech ins Gesicht: „Ich sag´s noch einmal: Wir führen in den Gebieten eine Notaktion durch, um das Leid der Menschen zu beenden. Leider nimmt der Westen davon keine Notiz.“ Zynischer und menschenverachtender geht nicht.

Zum Eskalationsbild gehört auch, dass der Westen immer massiver Waffen in die Ukraine liefert und damit aus russischer Deutungssicht zunehmend den Status einer Kriegspartei einnimmt. Eine Verhandlungslösung erscheint zudem derzeit so weit weg wie nie zuvor in diesen Wochen.

So ist das Gesamtbild: Die Eskalationsspirale dreht sich auf bedrohliche Weise weiter – wohin?

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Verlierer-Aktien: Medigene (Folge 4)

Schauen Sie sich mal den bis Ende der 1990er-Jahre reichenden Langfristchart der Biotechfirma Medigene aus dem Münchener Vorort Planegg an. Ein kurzer Blick genügt, um zu sehen, dass die Aktien damals den Hype des Neuen Marktes in vollen Zügen mitmachten, dabei kurzzeitig bis auf 500 Euro kletterten und damit ins Reich der Fantasten vorstießen. Was dann folgte und für die nächsten mehr als 20 Jahre anhielt ist ein einziges Trauerspiel: Niedergang, völliger Vertrauensverlust der Anleger und offensichtlich keinerlei Themen, die Anlass für eine Genesung bieten würden. Der aktuelle Aktienkurs von rund 2,90 Euro spricht Bände. Manche Aktien blühen regelrecht auf. Das Papier von Medigene vegetiert nur vor sich hin.

Da können der Firma, die vor langer Zeit mal in Genitalwarzen machte und sich heute an Immuntherapien versucht, auch vermeintlich gute Nachrichten aus der Managementetage nicht helfen: Zusammenarbeit mit Biontech, Neupositionierung, In-Vivo-Daten sowie Erkenntnisse aus klinischen Phase-1-Studien, Ausweitung des Patentschutzes, Poster-Präsentationen und Teilnahme an Investoren-Konferenzen. All das lockt niemanden hinter dem Ofen hervor, denn all diese Nachrichten sind nur von sehr untergeordneter Relevanz. Entscheidend wäre vielmehr, dass die Firma mal ein erfolgreiches Produkt auf den Markt bringt. Davon aber ist nichts zu sehen.

Entsprechend können auch die Geschäftszahlen nicht überzeugen. Obwohl das Unternehmen bereits seit mehr als zwei Dekaden existiert, lag der Umsatz 2021 mit 10,5 Millionen Euro im homöopathischen Bereich. Zudem stand diesem ein EBITDA-Verlust von -6,6 Millionen Euro gegenüber. Kein Wunder: Wo keine Produkte, da keine Umsätze und Gewinne.

Medigene ist eines dieser Biotechunternehmen, die seit sehr vielen Jahren in der Möglichkeitsform leben: Man arbeitet an angeblich aussichtsreichen Technologien und Produkten, nur: das Unternehmen liefert nicht. Und wer nicht liefert, dem trauen auch die Investoren irgendwann nicht mehr.

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Weiß Putin wirklich, was er will?

Der russische Präsident Wladimir Putin hat verschiedene Gründe genannt, warum er Krieg gegen die Ukraine führt:

  • Die Nato habe sich nach Osteuropa ausgebreitet.
  • Die Ukraine solle Teil der Nato werden.
  • Die Nato habe in der Ukraine rechtextreme, nationalsozialistische Kräfte unterstützt.
  • Die Regierung in Kiew sei ein Marionettenregime des Westens.
  • Die heutige Ukraine habe nie eine eigene Staatlichkeit besessen.
  • Die Ukraine müsse entnazifiziert werden.
  • In den Regionen Luhansk und Donezk sei ein Völkermord verübt worden.
  • Im Donbass gelte es einen Völkermord zu verhindern.
  • Die Menschen in der Ukraine seien Misshandlung und Genozid ausgesetzt und müssten geschützt werden.
  • Vom Territorium der Ukraine gehe eine ständige Bedrohung aus.
  • Russland müsse sich verteidigen.

Wenn man Krieg führt, ist es hilfreich zu wissen, warum man seine Soldaten ins Gefecht schickt, Tausende Tote in Kauf nimmt und Millionen zur Flucht zwingt. Bei Putin könnte man Zweifel haben, dass er weiß, warum er den Angriffsbefehl gegeben hat. Kein Wunder, wenn auch seine Soldaten nicht wissen, was sie dort sollen.

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Verlierer-Aktien: Ballard Power ohne Schub (Folge 3)

Wie schafft man es, einen Megatrend nicht mitzumachen? Indem man bei Ballard Power in die Schule geht. Die Wasserstofftechnologie ist seit Langem eine der wichtigsten Technologien für die Zukunft. Sie hat das Potenzial, einen wesentlichen Beitrag zur Energiegewinnung sowie zum Erhalt unserer Ressourcen und unserer Umwelt beizutragen.

Das kanadische Unternehmen Ballard Power, 1979 gegründet, ist seit Jahrzehnten in der Wasserstofftechnologie aktiv und hat sich hier ein umfassendes Wissen angeeignet. Nach eigenen Angaben haben von Ballard angetriebene Elektrofahrzeuge bereits über 100 Millionen Kilometer zurückgelegt. Die emissionsfreien PEM-Brennstoffzellen des Unternehmens kommen in Bussen, Nutzfahrzeugen, Zügen, Seeschiffen, Personenkraftwagen und Gabelstaplern zum Einsatz.

Nur: Wirtschaftlich und im Aktienkurs spiegeln sich diese angeblichen Erfolge nicht wider. Seit vielen Jahren operiert das Unternehmen immer wieder tief in der Verlustzone. Und für Anleger ist das Papier ein einziges Desaster: Nach einem fantasiegetriebenen Höhenflug um die Jahrtausendwende ist aus der Aktie völlig die Luft raus. 2020/2021 machte sie noch einmal einen Hicks nach oben, dann ging ihr erneut die Luft aus. Und das in Zeiten, in denen die Wasserstofftechnologie in aller Munde ist.

Ballard Power ist eine Firma, die seit Langem von vielen „Könnte“, „Möchte“ und „Wollte“ begleitet wird. Nur, über den Konjunktiv hat es das Unternehmen bislang kaum hinaus geschafft. Das Potenzial des Marktes haben die Kanadier mit ihrer angeblich einzigartigen Expertise auch nach mehreren Jahrzehnten nicht gehoben. Zur Begründung heißt es gerne, Ballard Power sei in einer kapitalintensiven Branche unterwegs und werde noch viel Geld brauchen, bevor die Firma profitabel werde. Nur: Das war vor zehn oder 20 Jahren auch schon so.

Man fragt sich: Wie viele Jahre will das Management noch warten, ihr Geschäftskonzept in harte Währung zu verwandeln und endlich Geld zu verdienen? Die Anleger haben jedenfalls längst eine deutliche Sprache gesprochen: Null Power in Ballard Power.

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Verlierer-Aktien: Mehr Pfui als Hui mit TUI (Folge 2)

Die Deutschen und Briten reisen wie die Weltmeister und schippern in Massen auf schwimmenden Hotels über die Weltmeere, doch dem Touristikkonzern TUI gelingt das Kunstwerk, daraus keinen Profit zu schlagen – zumindest nicht für seine Aktionäre. Der Langfristchart des Unternehmens ist jedenfalls ein Faszinosum: seit 20 Jahren dümpelt die Aktie des Unternehmens mit Sitz in Berlin und Hannover in einer recht engen Zone mit Auf´s und Ab´s dahin, unter dem Strich hat das Papier dabei an Wert verloren statt zu gewinnen. Da fragt man sich: Warum gelingt es dem Management nicht, die Lust der Anleger für ihr Unternehmen zu gewinnen?

Margenschwaches Geschäft

Eine Antwort ist: Tourismus ist ein ausgesprochen margenschwaches Geschäft. In Zeiten von Massentourismus und Onlinevergleich bucht der Kunde vielfach dort, wo es am billigsten ist. Die Kosten für Hotels, Transporte, Essen, Verwaltung sind jedoch eine Konstante, die fallen auf jeden Fall an. Ein Airbus A320 braucht auf seinem Weg auf die Kanaren eben eine bestimmte Menge Kerosin; zudem fallen Start- und Landegebühren an sowie Kosten für Wartung und Personal etc. Damit fliegt der Jet erst ab einer bestimmten Auslastung und einem bestimmten Ticketpreis wirtschaftlich. Das ist ein knallhartes Geschäft.

Bei TUI kommt hinzu, dass die Verschuldung des Konzerns hoch und das Wachstum gering ist. Allein in den Jahren 2020 und 2021 schrieb das Unternehmen Verluste in Höhe von zusammen 5,6 Milliarden Euro.

Außerdem hat die Aktie mit einem Sondereffekt zu tun: Großaktionär ist seit Jahren der Russe Alexey Mordashov. Bis zum Ausbruch des Ukrainekrieges hielt er über die zypriotische Firma Unifirm Limited etwa 34 Prozent der TUI-Anteile.

TUI konnte sich bisher immer auf diesen Großaktionär verlassen. So trug er beispielsweise die letzten Kapitalerhöhungen mit. Zudem saß er im Aufsichtsrat des Konzerns. Das war einerseits bequem, barg aber auch die Gefahr, dass man sich darüber hinaus nicht so sehr um Kurspflege bemühen musste.

Risikofaktor Großaktionär

Mittlerweile hat Mordashov den TUI-Aufsichtsrat aufgrund der westlichen Sanktionen verlassen und seine Beteiligung an dem Konzern umgebaut: Kurz vor Inkrafttreten der Sanktionen übertrug der Russe 4,1 Prozent seiner TUI-Anteile an seine russische Holding Severgroup. Den Großteil seiner Unifirm- und somit TUI-Anteile (29,87 %) schrieb er einer Firma namens Ondero Limited mit Sitz auf den British Virgin Islands gut. Im Ernstfall könnte der Russe gar gezwungen sein, für seine 34 Prozent-Anteile einen neuen Käufer zu suchen. Für die TUI-Aktie mit ihrer miserablen Performance könnte das durchaus eine Chance sein, würde doch die schützende Hand des Großaktionärs entfallen und das Unternehmen müsste sich mehr auf eigene Kräfte stützen.

Das Grundproblem aber bliebe: Tourismus ist ein austauschbares Massengeschäft, in dem es um Cent und nicht um Euro geht. Keine guten Aussichten für die nächsten 20 Jahre der TUI-Aktie.

Quelle: Boerse.de
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Verlierer-Aktien: Morphosys (Folge 1)

Jeder, der sein Geld in Wertpapiere investiert, macht die Erfahrung, dass es an der Börse  nicht nur nach oben geht. Nahezu jede Aktie kennt Schwäche- oder Korrekturphasen. Dennoch gibt es Papiere, deren Kurs über viele Jahre steigt. Dann gibt es jene, die eher dahin dümpeln. Und es gibt Unternehmen, bei denen der Aktienchart über lange Zeit ins Minus läuft. Dumm, wer in solche Papieren investiert ist. Immerhin eines ist hier klar: es läuft was gehörig schief.

Sensationell schlechte Performance

Ein Unternehmen, das seit gut zwei Jahren eine sensationell schlechte Performance hinlegt, ist Morphosys. Die Biotechfirma sitzt in Planegg, einem Vorort von München, und hatte unter seinem Mitgründer und früheren langjährigen Vorstandsvorsitzenden Simon Moroney eigentlich eine tolle und für Deutschland herausragende Entwicklung hingelegt: Moroney hatte es geschafft, aus dem Nichts ein Biotechunternehmen aufzubauen, dass auch über Deutschland hinaus Aufmerksamkeit erregte, über eine funktionierende und anerkannte Technologie verfügte sowie Partnerschaften mit großen Pharmakonzernen und eine vielversprechende Pipeline besaß.

Mit dem Abgang von Simon Moroney im Sommer 2019 und dem Antritt von Jean-Paul Kress als Vorstandsvorsitzenden änderte sich das Sentiment für das Unternehmen deutlich. Nur wenige Monate nach Kress´ Start bei Morphosys korrigierte der Aktienkurs seine Richtung und zeigte von da an kontinuierlich nach unten. Das Papier ist seitdem regelrecht abgestürzt und hat etwa 80 Prozent seines Wertes verloren.

Kress kann Vertrauen nicht bewahren

Offensichtlich hat es Kress nicht geschafft, den vorherigen positiven Kurs des Unternehmens zu halten und das Vertrauen der Aktionäre zu bewahren oder zu gewinnen. Wenngleich das Unternehmen mittlerweile die Zulassung für ein Blutkrebsmedikament erhalten hat, hat der Kapitalmarkt Kress´ Strategieschwenk mit der Übernahme des US-Biotechunternehmens Constellation Pharmaceuticals weder verstanden noch verdaut. Auch seine Geschäftszahlen sehen nicht gut aus: Der Umsatz 2021 sank gegenüber dem Vorjahr um 45 Prozent auf 180 Millionen Euro. Noch fataler: aus einem Gewinn von 98 Millionen Euro im Jahr 2020 machte das Management 2021 einen Verlust in Höhe von 514,5 Millionen Euro, was beinahe dem Dreifachen des Umsatzes entspricht. Das sind Relationen, die nicht gutgehen können und auch nicht gut ankommen.

Kurssturz nach CEO-Wechsel

Das Beispiel Morphosys zeigt, dass ein Unternehmen, welches auf einem guten Weg war, plötzlich und anhaltend in der Gunst der Investoren fallen kann. Augenfällig ist, dass dies bei Morphosys zeitlich nahezu exakt mit dem Wechsel an der Unternehmensspitze im Sommer beziehungsweise Herbst 2019 zusammen fällt. Da kann man zu dem Schluss kommen, dass die Politik des neuen Mannes und seines Teams nicht geeignet ist, die Firma auf einem nachvollziehbaren und vertrauenseinflößenden Kurs zu steuern.

Quelle: Boerse.de
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